Wie erleben Kinder Weihnachten, die eigentlich nicht Weihnachten feiern, weil sie anderen Religionen angehören?

Die Willkommensklassen, in denen geflüchtete Kinder sowie Kinder nicht deutscher Herkunft die deutsche Sprache erlernen, sind Teil einer Gemeinschaftsschule. Zur Realität der Kinder gehört, dass sie eine Vielzahl an unterschiedlichen religiösen Festen kennengelernt haben und diese miteinander in Einklang bringen. In der Schule geben wir allen Festen Raum und vermitteln allen Kindern Wissen über die Bedeutung und Herkunft der Feste in den jeweiligen Religionen. Allen Kindern gemeinsam ist, dass sie gerne feiern und sich für die besonderen Rituale der jeweiligen Feste sehr begeistern können.

Ein großer Teil der Kinder aus den Willkommensklassen feiert kein Weihnachten, aber viele Kinder und Familien mögen die Traditionen, die damit verbunden sind. Sie schmücken ihre Wohnungen und die Fenster, gehen auf die Weihnachtsmärkte und treffen sich im Familien- und Freundeskreis. In einigen Familien steht auch ein geschmückter Baum und es gibt Geschenke. Alle bei uns lieben die Atmosphäre, die vor Weihnachten zu spüren ist. Ein Duft von Gebackenem zieht durch die Schulflure, die Fenster sind mit Weihnachtssternen geschmückt, die Schulband probt für den Aufritt beim Winterzauber. Die Kinder basteln Sterne, backen Plätzchen in der Schulküche, stechen unermüdlich neue Formen aus dem Teig, dekorieren ihre Klassen mit allerlei Glitzer und Fensterschmuck. In manchen Klassen steht auch ein Weihnachtsbaum. Das Öffnen des Adventskalenders ist für sie immer ein besonderer Höhepunkt. Zu Beginn der Adventszeit wird gelost, wer bei welcher Zahl das Türchen öffnen darf. Dann ist nicht nur das beschenkte Kind glücklich, auch alle anderen Kinder teilen diesen Moment. Der Geschmack und der Duft mancher Lebkuchen und Plätzchen erinnern die Kinder an ihre Heimat und oft erzählen sie dann von backenden Großmüttern und Tanten.

Auch das Basteln der Schneeflocken-Sterne ist inzwischen eine große Sache geworden, die Kinder erinnern uns schon im Herbst daran. Gebastelt wird nicht nur, um die Sterne mit nach Hause zu nehmen, sondern auch, um sie zu verschenken. Die Wangen der Kinder glühen vor Eifer und gesungen wird in Dauerschleife, bis „Schneeflöckchen, Weißröckchen“ einigermaßen flüssig über ihre Lippen kommt. Die Kinder lieben das Lied ebenso wie den Schnee, und stets bleibt die Hoffnung, es würde schneien, wenn wir nur oft genug dieses Lied singen.

Im Rückblick äußern die Kinder immer wieder, dass in dieser Zeit die Schule noch mehr als sonst ein Ort des Friedens für sie ist.

Dieser Beitrag von Kristina Sellmayr wurde im Dezember Rundbrief der Offenen Kirche in Berlin Westend veröffentlicht.